10. Etappe, von Calvi nach nach Galeria

Dienstag 7.6.88 

Der reparierte Gepäckträger hält immer noch! Bisher wenigstens! Auch in Calvi war kein Ersatz dafür aufzutreiben. Was Fahrradutensilien anbelangt, scheint die Gegend hier ein wenig unterentwickelt zu sein. Um mein geniales Schlauchbinderprovisorium soweit wie möglich zu entlasten, entschied ich mich allen entbehrlichen Ballast abzuwerfen, bzw. nach Hause zu schicken. Mein erster Weg führte mich deshalb heute morgen zur Post, wo ich ein kleines Paket schnürte, mit hoffentlich nicht mehr benötigter, warmer Kleidung, mit 'abgefahrenen' Straßenkarten, dem Toskanareiseführer und dem Italienischwörterbuch. 

Noch während ich am Paketschalter warte, entlädt sich draußen tosend ein mächtiges Gewitter. Es hält mich bis gegen Mittag im Postgebäude fest. Doch dann, unvermittelt, reißt die Wolkendecke auf, und die Sonne bricht hervor. Innerhalb kürzester Zeit wölbt sich makelloses Blau über die Landschaft. Froh, endlich meinen Unterstand verlassen zu können, mache ich mich sofort auf den Weg. 

Über den noch dampfenden Asphalt der D 81 winde ich mich empor, in unzähligen Kurven, hinauf zur 146 Meter hohen 'Bocca Serria', vorbei an malerischen Buchten mit steil ins Meer abfallenden Klippen. 

Die Straße ist eng, ihr Belag brüchig und reichlich mit tiefen Schlaglöchern versehen. Angesichts der einzigartig schönen und wilden Landschaft lässt sich leicht nachempfinden, weshalb die Korsen ihre Insel auch 'Île de Beauté', Insel der Schönheit, nennen. Da drückt man schon mal beide Augen zu, um über den oft lausigen Zustand ihrer Landstraßen hinweg zu sehen. Die Straße entfernt sich nun etwas von der Küste und kehrt erst in 'Argentella', einem kleinen Weiler, wieder zu ihr zurück. Ich bin nun abermals ganz unten, auf Meeresniveau, und es beginnt ein erneuter Anstieg, hinauf zur 'Bocca Bassa', auf eine Höhe von 122 Meter. Inzwischen ist es richtig heiß geworden, das Pedalieren wird beschwerlich, der Schweiß rinnt erneut in Strömen. Wären da nicht die vielen grandiosen Ausblicke auf Berge und Küste, die immer wieder zum Innehalten und Fotografieren auffordern, - die an sich attraktive Bergtour würde am Ende gar in harte Arbeit ausarten! Zur Belohnung für all die Strapazen, gibt's dann noch eine 12 km lange Abfahrt, hinab nach 'Galeria'. 

Bei Galeria

Obwohl es noch nicht so spät ist und ich gut und gerne noch zwei Stunden radeln könnte, lasse ich es für heute genug sein. Der nächste Campingplatz befände sich in 'Osani', 26 km von hier entfernt. Um dorthin zu kommen wären zwei kraftraubende Pässe zu überwinden, von denen einer immerhin 408 Meter hoch liegt, und den ich mir lieber für morgen aufhebe. Außerdem gibt es hier 2 einladende Kiesstrände, denen ich, erhitzt wie ich bin, kaum widerstehen kann. Galeria ist ein kleines Fischerdorf am gleichnamigen Golf, wo man sich auf den Langustenfang spezialisiert hat. Eingebettet in dünngesäte Macchia, am Fuße des Capo Tondo (alt.: 839 m), eine Kirche, drum herum eine Handvoll Häuser, weiter unten der Strand, und im Hintergrund der übliche Genueserturm, - das ist alles. Der Campingplatz liegt etwas außerhalb, etwa 5 km vom Meer entfernt, ist sauber und macht einen gepflegten Eindruck. Das Platzrestaurant hat eine nicht uninteressante Speisekarte. Doch vor dem Dinner ist Schwimmen angesagt, verbunden mit einer kleinen Radtour von 10 km zum Strand und zurück.

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