4. Etappe, von St.Pierre d'Entremont nach Vizille

Montag 28. Mai 1984 

Am Wein kann's nicht gelegen haben, der war einwandfrei. Vielleich war das Dinner doch etwas zu üppig, kann sein. Jedenfalls, ich schlafe miserabel und wache gegen 3 auf. Das fahle Licht einer Straßenlaterne erleuchtet matt den Plafond meines Zimmers. Ich bleibe noch eine Weile liegen. Meine Gedanken kreisen um die Weiterfahrt und das Wetter. Der Regen scheint aufgehört zu haben. Das gurgelnde Geräusch aus der Dachrinne ist verstummt. Ich stehe auf. Nachschauen. Der Blick aus dem Fenster macht mich fassungslos. Alles ist weiß! Dichtes Schneegestöber umhüllt das Licht der Laterne. Unglaublich, und das Ende Mai! Ich verziehe mich wieder ins Bett. 

Taufrischer Morgen Taufrischer Morgen

Das Frühstück hätte mehr Aufmerksamkeit verdient. Es fällt diesmal äußerst knapp aus. Mich zieht's hinaus und hinauf. Hinaus in einen taufrischen Morgen, dem der nächtliche Wintereinbruch nicht mehr anzusehen ist, und hinauf zu den Pässen "Col du Cucheron" und "Col de Porte". Bis Grenoble werde ich insgesamt 1164 Höhenmeter zu überwinden haben. Abwärts geht's dagegen, alles in allem, 1531 Meter. Bleibt eine Differenz von -367 Metern. Eine Bilanz, die durchaus positiv zu werten ist! 

Blick zurück

Es ist kalt geworden. Die höher gelegenen Wiesenhänge weisen noch Spuren des nächtlichen Schneeschauers auf. 

auf den Weiden ...

Auf den Weiden wird noch geträumt. Man lässt sich nicht stören, schon gar nicht von einem bergauf hechelnden Radfahrer. Beneidenswert! 

Col du Cucheron

Auf dem 1139 Meter hohen 'Col du Cucheron' liegt Neuschnee. In der Ferne soll der Mont Blanc zu sehen sein. Ich kann ihn bestenfalls erahnen. Es ist lausig kalt hier oben. Saint-Pierre-de-Chartreuse liegt rund 600 Meter tiefer, und da zieht's mich hin, mit unwiderstehlicher Macht, zurück in den Frühling. 

Cucheron Wegweiser

Die Abfahrt auf der heutigen D512 (damals noch Nationalstraße N512) nach St-Pierre-de-Chartreuse war ein reines Vergnügen, eine rasante Schussfahrt, der Wärme entgegen. Das Rauschen des Fahrtwinds wird zur Symphonie! Die Euphorie kennt wieder mal keine Grenzen! In 'La Diat' beginnt dann der Anstieg, hinauf zum Col de Porte. Die Symphonie verklingt als Unvollendete, die Euphorie lässt nach. 

Vor mir, 520 Höhenmeter, verteilt auf 9 km. Der Col de Porte liegt auf einer Höhe von 1326 Metern und ist damit der höchste Pass auf meinem Weg durch das Massiv de la Chartreuse. Nach Grenoble sind es jetzt noch 18 km und das bei einem Gefälle von 1100 Metern. Radfahren macht wieder Spaß! 

Grenoble

Ich bin schon fast unten. In der Ferne kommt Grenoble ins Bild. Die Schussfahrt hat ein Ende, der Verkehr nimmt zu. Grenoble lässt sich schlecht umfahren. Da gibt's nur eins, mittendurch! Die D1075 (Cours de J. Jaures) führt schnurgerade über 6 km direkt nach Pont de Claix. Auf der verkehrsreichen N85 sind es dann noch knapp 10 km nach Vizille. Das Wetter lässt zu wünschen übrig. Ich geh' ins Hotel.

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