10. Etappe, von Puyloubier nach Aix-en-Provence

Dienstag 5. Juni 

'Pieds et Paquets' oder 'Daube'? Das ist hier die Frage! Zumindest war sie es gestern Abend. Ich saß hungrig wie ein Wolf im fast leeren Speisesaal des Hotels, studierte die Speisekarte, und war hin und her gerissen. "Pieds et Paquets", hinter dieser Bezeichnung verbirgt sich eine provenzalische Spezialität, ein Gericht dessen Hauptbestandteile Schafsfüße und Schafsmagenlappen sind. Natürlich wird das Ganze raffiniert und mit viel Akribie zubereitet. Zutaten sind: Schinkenwürfel, Knoblauch, viel Petersilie, Tomaten, Weißwein, Salz und Pfeffer. Und kaum hat das alles auf kleiner Flamme 10 Stunden vor sich hin geköchelt, ist es auch schon fertig. Kenner schätzen die Spezialität als reine Gaumenfreude. Literarisch findet sie in Marcel Pagnols humorigen Stück 'Cigalon' besondere Würdigung. Der Cigalon, den ich erst vor kurzem gelesen habe, war es auch, der mich überhaupt erst auf die Idee brachte, es mal mit 'Pieds et Paquets' zu versuchen. Nach einigem Abwägen gab schließlich mein knurrender Magen den Ausschlag. Keine Experimente! Ich nahm das Menü mit dem Daube. 

Mein Rezept für 'Daube Provençal'

Die Reise hierher nach Aix-en-Provence war so eine Art sonntäglicher Nachmittagsausflug. 20 km von Ost nach West auf der D17 entlang des gewaltigen Felsmassifs der 'Montagne Saint Victoir'. Zunächst ist das Landschaftsbild noch durch den Weinanbau bestimmt. Es dominieren die Domänen (kleines Wortspiel!). Später, nach etwa 2 km, sind es dann Eichen und Pinien, die diese Rolle übernehmen. Die Vegetation wird zunehmend wild und naturbelassen. Vor dem Hintergrund der im Sonnenlicht hellgrau erstrahlenden Felswand des Gebirges bietet sich eine atemberaubende Kulisse! 

'Vous avez parfaitement raison de parler du gris, cela seul règne dans la nature, mais c'est d'un dur effrayant à attraper'. (Sinngemäß: Es ist das Grau, das alleine die Natur beherrscht, aber es macht schreckliche Mühe es bildlich einzufangen.) Dieser Ausspruch Paul Cézannes wird erst verständlich angesichts der 'Montagne Sainte-Victoire', seinem bevorzugten Motiv für zahlreiche Gemälde. Das im Lichte der provenzalischen Sonne hell leuchtende, die Gegend farblich beherrschende Silbergrau der imposanten Felswände hat es Cézanne wohl angetan und stellte für ihn offensichtlich eine besondere Herausforderung dar. 

Cezanne, Montagne Sainte-Victoire, von der Umgebung bei Gardanne aus gesehen, 1886–90, National Gallery of Art, Washington

Croix de Provence Montagne Saint Victoir mit Croix de Provence (links)

Montagne Saint Victoir, Pause 
Ich habe es heute nicht eilig und lege immer wieder kleine Pausen ein. Am westlichen Ende des Gebirgzugs erhebt sich majestätisch der Gipfel des Croix de Provence und lädt zum Wandern ein. 

Ich bekomme Lust mir etwas die Beine zu vertreten. Doch wohin mit dem Fahrrad? Ich sehe mich um. Eine Kleine Baumgruppe scheint geeignet. Weit und breit keine Menschenseele! Schnell schiebe ich Rad und Gepäck ins dichte Unterholz, ergreife die Fototasche mit den Wertsachen und mache mich auf den Weg zum Gipfel. Ich gewinne schnell an Höhe, bin begeistert von der zunehmenden Weitsicht. Jedoch der anfangs gut ausgetretene Pfad wird bald holprig und ausgesetzt. Mein leichtes Radlerschuhwerk ist denkbar ungeeignet, wird zum Risiko, und zwingt mich schließlich zur Umkehr. Dennoch bin ich froh den kleinen Abstecher in diese herrliche Bergwelt unternommen zu haben. Cézannes hat schon recht, dem Grau hier in der Gegend ist eine gewisse Dominanz nicht abzusprechen. 

Croi de ProvenceCroix de Provence

Meine Bedenken bezüglich des Fahrradverstecks erweisen sich als unbegründet. Alles ist noch da.

In Aix en Provence mache ich mich sofort auf die Suche nach einem Campingplatz. Am südöstlichen Stadtrand in Autobahnnähe, werde ich fündig. 

Aix, Brunnen Aix-en-Provence, Brunnen auf der Place de la Rotonde 

Aix, Cours Mirabeau Aix-en-Povence, Cours Mirabeau

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