12. Etappe, von Chatel-Montagne nach St. Yorre

Donnerstag 5. Juni

René hat sich gleich nach dem Frühstück aus dem Staub gemacht. Er hatte es sehr eilig. Ich war gerade damit beschäftigt mein Croissant vor dem Ertrinken zu retten. Gedankenloses Tunken hatte dieses traditionelle Frühstücksgebäck nämlich soweit aufgeweicht, dass dessen untere Hälfte drohte in den Tiefen der 'Bol', einer kleinen Schüssel, gefüllt mit 'cafe au lait', zu versinken. Ich bin sicher das Problem eines Tages in den Griff zu bekommen. Rene, der mir dabei fasziniert zusah, schien der gleichen Meinung zu sein, denn er enthielt sich jeglicher Hilfestellung. Der Abschied war kurz aber herzlich, wir wünschten uns noch gute Fahrt und trockeneres Wetter, und weg war er.

Auch ich will keine Zeit verlieren und die frühe Morgenstunde nutzen. Die französische Bezeichnung für Frühstück, 'petit dejeuner', ist was das Adjektiv anbelangt, wirklich zutreffend. Es ist klein. Sehr klein. Ein Croissant und etwas Toast mit Marmelade. Im Nu bin ich startklar und mache mich auf den Weg. Kaum 100 Meter vom Hotel entfernt fängt es plötzlich an zu schütten, so als ob jemand einen riesigen, vollgesogenen Schwamm über mir ausdrückte. Einer gewaltigen Windbö gelingt es beinahe mich vom Rad zu fegen. Schleunigst kehre ich um. Madame T. empfängt mich schon freundlich im Türrahmen, deutet schulterzuckend nach oben, so als wolle sie sich für das ungastliche Wetter entschuldigen.

Ich bestelle einen kleinen Kaffee, schreibe ein paar Postkarten und schmökere in einer Hotelbroschüre in der die Sehenswürdigkeiten des Ortes und die Schönheiten der ihn umgebenden Landschaft durch einladende Fotos dokumentiert sind. Von all dem bekomme ich nichts zu sehen. Ich hänge herum. Es regnet ohne Unterlass den ganzen Vormittag über. Gegen 14 Uhr endlich, ich hatte schon fast alle Hoffnung aufgegeben und mich mit einer weiteren Nacht in Châtel abgefunden, tut sich zögernd der Himmel auf, und erste, zaghafte Sonnenstrahlen bringen den nassen Asphalt zum Dampfen. Aber immer noch jagen bedrohlich dunkle Wolken aus Westen heran und lassen Schlimmes befürchten. Froh, endlich das untätige Herumlungern beenden und meinem sich inzwischen angestauten Bewegungsdrang freien Lauf lassen zu können, mache ich mich unverzüglich erneut auf den Weg.

Auf der D25 verlasse ich Châtel in nordwestlicher Richtung, fahre dann auf der D7/D121 über Nizerolles, le Pouthier, la Chapelle und Busset nach St. Yorre. Widererwarten bleibt es trocken und die in allen Grauschattierungen sich bildenden, schnellwechselnden Wolkenformationen verleihen der saftig grünen Hügellandschaft der Bourbonnais einen dynamischen wilden Reiz.

HügellandschaftSaftiggrüne Hügellandschaft

In Busset mache ich 'en passant' noch noch schnell ein paar Aufnahmen des dortigen Schlosses. Schließlich bereitet erneut einsetzender Regen der heutigen Etappe in St.Yorre, der Stadt des Mineralwassers, ein frühes Ende. Mit 31 km ist sie die bisher kürzeste. In der 'Auberge Bourbonnaise' finde ich Unterkunft für die Nacht. Nach dem Abendessen, die Höflichkeit gebietet mir auf eine Bewertung zu verzichten, sehe ich mir noch das WM Fußballspiel Frankreich - USSR an. Resultat 1:1, nicht besonders spannend das ganze!

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